Als selbstständiger Softwareentwickler unserem Zwei-Mann-Unternehmen mit Fokus auf individuelle Hosting- und Weblösungen habe ich in den letzten Jahren unzählige Stunden damit verbracht, eine geeignete Kunden- und Abrechnungssoftware für unsere Hostingkunden zu finden. WHMCS war lange Zeit die "Standardlösung" – mächtig, bekannt, aber für meine Bedürfnisse oft zu überladen, zu unübersichtlich und vor allem: nicht optimal auf den deutschen Markt ausgerichtet.
Ich habe mir im Laufe der Zeit viele Alternativen angeschaut – kommerzielle wie auch Open-Source-Lösungen – und musste immer wieder feststellen: Keine davon hat wirklich überzeugt. Entweder fehlte es an wichtigen Funktionen wie SEPA-Lastschriften, korrekten deutschen Rechnungen, DSGVO-Konformität oder an einem modernen und wartbaren Code-Design.
Aus dieser Frustration heraus entstand schließlich BBilling – eine eigene Lösung, entwickelt aus der Praxis heraus, mit dem Ziel, genau das zu bieten, was mir bei den anderen gefehlt hat. In diesem Artikel möchte ich meine persönliche Einschätzung zu verschiedenen WHMCS-Alternativen teilen – nicht als allgemeingültiger Marktüberblick, sondern ganz bewusst aus der Perspektive eines Entwicklers, der selbst mit dem Thema ringt und inzwischen eigene Wege geht. Vielleicht hilft meine Sichtweise ja anderen, die ebenfalls auf der Suche nach einer passenderen Lösung sind.
Akt 1 – Was passt denn nicht an WHMCS?
WHMCS ist seit vielen Jahren der Platzhirsch, wenn es um Hosting-Automatisierung geht. Es bringt auf den ersten Blick einiges mit:
- Riesiger Funktionsumfang: Von der Kundenverwaltung über die Rechnungsstellung bis zur Server-Automatisierung (z. B. bei cPanel, Plesk, DirectAdmin) ist alles abgedeckt.
- Große Community & Plugin-Ökosystem: Es gibt kaum ein Hosting-Setup, für das es nicht ein fertiges Modul gibt – sei es Domain-Registrar, Zahlungsanbieter oder Provisionerungsmodule.
- Out-of-the-box einsatzbereit: Für viele Standardfälle funktioniert WHMCS direkt nach der Installation – ohne große Anpassungen.
Gerade wenn man international unterwegs ist oder Standard-Hosting-Produkte anbietet, kann WHMCS eine solide Basis darstellen. Man muss das Rad nicht neu erfinden.
⚠️ Die Nachteile – besonders aus deutscher Entwicklersicht
Aber genau hier liegt auch das Problem: WHMCS ist ein Generalist – und das merkt man als jemand, der in Deutschland arbeitet und mit echten Kunden, Ämtern und Steuergesetzen zu tun hat.
- DSGVO ist nur halbherzig umgesetzt: Es fehlen Funktionen wie ein ordentlicher AV-Vertrag, Protokollierung von Zugriffsrechten oder ein Rechte-/Rollenkonzept, das den Anforderungen wirklich genügt.
- Deutsche Rechnungen? Nur mit Plugins: Netto-/Bruttorechnungen, E-Rechnungen, GoBD-konforme Archivierung – all das muss man sich irgendwie zusammenstöpseln oder extern einkaufen.
- Performance und Codequalität: Als Entwickler fühlt sich der Code alt und schwerfällig an. Hooks, Smarty-Templates, schwer testbare Strukturen – nichts, was man gerne erweitert oder wartet. Auch die natur des 100% verschlüsselten Codes lässt leider nur sehr schwer einen Einblick in die internen Strukturen zu, so wie es für einen Entwickler eigentlich nötig wäre.
- Lizenzmodell & Support: Die Preise steigen regelmäßig, während der Support sehr unpersönlich ist. Es ist nun mal Massenabfertigung.
Fairerweise muss man sagen: WHMCS bleibt trotzdem eine der günstigsten kommerziellen Lösungen auf dem Markt – besonders gemessen an dem, was funktional alles dabei ist. - Fehlende API-Konsistenz: Wer tiefer integrieren will, stößt auf eine teils inkonsistente, schwach dokumentierte API. Insbesondere Hooks und Implementationen ändern undokumentiert reinfolge was komplette Umstrukturierungen des eigenen Codes zur Folge hat.
WHMCS funktioniert – aber es fühlt sich nicht wie ein modernes Tool an, das man gerne in seine Entwicklungs- und Betriebsprozesse integriert. Es ist ein gewachsenes System, das den Spagat zwischen Legacy und Weiterentwicklung nicht wirklich schafft – besonders nicht für Nutzer mit besonderen rechtlichen Anforderungen und einem hohen Anspruch an Codequalität und Wartbarkeit.
Akt 2 – Die (getesteten) Alternativen
In der Hoffnung, eine bessere, modernere und vor allem besser auf den deutschen Markt abgestimmte Lösung zu finden, habe ich mir im Laufe der letzten Jahre zahlreiche Alternativen zu WHMCS angeschaut – von Open-Source-Projekten bis hin zu kostenpflichtigen Plattformen. Viele davon sind ambitioniert, einige sogar technisch sehr interessant. Aber unterm Strich konnte keine wirklich überzeugen – zumindest nicht in meinem konkreten Anwendungsfall als selbstentwickelnder Entwickler mit deutschen Kunden, SEPA-Zahlungen und klaren Anforderungen an Rechnungslegung und Datenschutz.
🟦 Hostware.io (Deutschland, kommerziell – Laravel-basiert)
Hostware ist eines der vielversprechendsten Projekte, das ich mir im Zuge meiner Suche angeschaut habe – und zwar nicht nur, weil es „aus Deutschland“ kommt, sondern weil es technisch wie konzeptionell einen frischen, modernen Ansatz verfolgt.
Die Plattform ist komplett Laravel-basiert, also direkt sympathisch für jeden Entwickler, der mit modernen PHP-Frameworks arbeitet. Aber Hostware will mehr sein als ein reines Abrechnungssystem: Es versucht das klassische Silo-Denken zwischen Marketing-Website, Kundenbereich und Shop zu durchbrechen – und bringt all das in einem gemeinsamen CMS-Ansatz zusammen.
Ein Highlight ist das integrierte blockbasierte Content-Management-System mit Medienverwaltung:
→ Kein externer WordPress-Install mehr, kein Theme-Wirrwarr – stattdessen eine zentrale Plattform, auf der Hostingprodukte, Inhalte und Support zusammenlaufen.
Natürlich: Der Content Builder kommt nicht an Tools wie Elementor oder klassische CMS-Systeme ran – zumindest noch nicht. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Für kleinere bis mittlere Anbieter dürfte es ausreichen, um Landingpages oder Produktseiten direkt zu bauen, ohne das System zu verlassen.
Für mich persönlich war Hostware zwischenzeitlich fast so etwas wie das „Traumsystem“.
Ein modernes Tech-Stack, sinnvoll gedacht, visuell aufgeräumt – und (was man selten hat) mit einem wirklich durchdachten UX-Konzept. Ich habe ernsthaft überlegt, es als meine neue Entwicklerplattform zu nutzen und BBilling damit abzulösen.
Aber – und das ist leider ein großes Aber:
Der Preis.
Mit einem Einstiegspreis von 149 € monatlich ist Hostware für Einzelentwickler, Agenturen oder kleinere Hoster leider nur schwer zu rechtfertigen. Ich selbst stelle meine Rechnungen meist in Lexoffice, habe nur eine Handvoll Hosting-Kunden, und bin in erster Linie Softwareentwickler – bei dem Preis würde ich monatlich draufzahlen, was das Hosting betrifft.
Auch junge Hoster oder kleine Agenturen dürften mit diesem Preis eine Einstiegshürde spüren. WHMCS – trotz all seiner Schwächen – bleibt mit seinen Addon-basierten Lizenzmodellen deutlich günstiger.
Fazit:
Hostware hat das Potenzial, eine der besten WHMCS-Alternativen auf dem Markt zu werden – vor allem im deutschsprachigen Raum.
Technisch top, visionär gedacht, sauber umgesetzt.
Aber aktuell leider zu weit weg von den Bedürfnissen kleiner Anbieter und Einzelentwickler, was das Preismodell betrifft. Für mittlere bis größere Hoster: klare Empfehlung. Für den Rest: Ein echtes „Was wäre wenn“-System.
🟥 Blesta (Kommerziell – Entwicklerfreundlich, aber nicht deutschlandtauglich)
Blesta wird oft als die „cleane Alternative“ zu WHMCS beschrieben – und das trifft es gar nicht schlecht. Der Fokus liegt klar auf technischer Sauberkeit und Entwicklerfreundlichkeit.
Die Lizenzpolitik ist fair, der Code (bis auf die Lizenzlogik) vollständig offen, und es gibt sogar eine Option auf lebenslange Lizenzen inklusive Updates. Gerade für kleinere Anbieter, die langfristig planen, ein echtes Argument.
Preislich ist Blesta mit 12,95 $ für die Branded-Version sehr wettbewerbsfähig – besonders im Vergleich zu den immer teurer werdenden WHMCS-Paketen.
Technisch und strukturell erinnert mich Blesta stark an das WHMCS von vor 10 bis 15 Jahren.
Es ist etwas sperrig im Interface, sieht ein wenig aus wie aus der Zeit gefallen – aber: nichts, was man mit Themes oder Custom UI nicht in den Griff bekommen könnte.
Die Modulauswahl ist noch überschaubar, wächst aber kontinuierlich. Und für Entwickler ist die Architektur nachvollziehbar und gut dokumentiert. Man merkt, dass hier „stabil“ wichtiger ist als schnell Feature-driven weiterzuentwickeln – nicht umsonst ist „Blesta“ ein Anagramm von „stable“.
Was Blesta aus meiner Sicht dennoch disqualifiziert – zumindest für den produktiven Einsatz in Deutschland:
- Keine saubere deutsche Übersetzung (und die vorhandene wirkt oft eher unpassend oder maschinell übersetzt)
- Keine GoBD-konforme Archivierung
- Keine E-Rechnungen oder XRechnungs-Export
- Keine Umsatzsteuer-ID-Prüfung, keine DATEV-Schnittstelle, kein SEPA
- Keine explizite DSGVO-Funktionalität
Ein spannendes Feature ist allerdings die Multi-Tenant-Fähigkeit: Eine Blesta-Installation kann mehrere Firmen gleichzeitig verwalten – mit getrennten Mandanten, Rechnungen und Kundenzugängen. Das ist im Hosting-Bereich eher selten und könnte für Agenturen mit mehreren Marken oder Projekten interessant sein.
Fazit:
Blesta ist in vielen Punkten das bessere, schlankere WHMCS – aber leider mit den gleichen Schwächen für den deutschen Markt. Wer auf Multimandantenfähigkeit Wert legt und selbst anpassen kann, hat hier eine solide Basis.
Aber ohne zusätzliche Eigenentwicklung (oder teure Drittanbieter-Module) wird es schwer, Blesta GoBD-konform und steuerlich korrekt in Deutschland zu betreiben.
🟧 Clientexec (Kommerziell – einfach, aber mit Lichtblicken)
Clientexec taucht oft in der Liste der WHMCS-Alternativen auf – und das nicht ganz zu Unrecht. Das System richtet sich klar an Hosting-Reseller und kleine Anbieter, die eine schlanke, unkomplizierte Lösung suchen.
Was man Clientexec zugutehalten muss: Es funktioniert. Der Setup-Prozess ist angenehm simpel, die Kernfunktionen sind stabil, und das System deckt die typischen Abläufe im Hosting-Alltag zuverlässig ab.
Was zuletzt positiv aufgefallen ist:
- Neue Order Forms: Clientexec hat kürzlich seine Bestellformulare komplett überarbeitet – und die neuen Varianten sehen wirklich modern und ansprechend aus. Damit wirkt zumindest der erste Eindruck für Kunden deutlich zeitgemäßer.
- Alle Plugins sind Open Source: Ein echtes Plus für Entwickler! Anders als bei vielen anderen Systemen kann man hier alle Erweiterungen frei einsehen, anpassen oder sogar als Basis für eigene Entwicklungen nutzen.
- Integration vorhanden: Plesk, Proxmox VE, cPanel & Co. – alles da. Für viele Hoster ist das bereits der entscheidende Faktor, und hier liefert Clientexec.
Was fehlt (leider immer noch):
- Ein offizieller Marktplatz: Es gibt keine zentrale Stelle, an der man Erweiterungen oder Themes findet. Vieles wird über Foren oder GitHub geteilt, was die Einstiegshürde unnötig erhöht.
- Deutsche Marktfähigkeit: Auch Clientexec hat dieselben Schwächen wie WHMCS oder Blesta – keine GoBD-konforme Buchhaltung, keine E-Rechnung, keine klare Unterstützung für deutsche Umsatzsteuerregelungen.
- Sprachübersetzung ist teilweise holprig oder unvollständig.
Fazit:
Clientexec ist solide, günstig und technisch offen – gerade durch die offenen Plugins wird es für Entwickler interessant. Und mit den neuen Order Forms bewegt sich auch optisch etwas.
Aber: Für den deutschen Markt fehlt weiterhin zu viel. Keine GoBD, kein Marktplatz, keine rechtssichere Abrechnung – daher für mich leider keine ernsthafte Alternative.
Wer im internationalen Raum unterwegs ist und gerne anpasst, findet hier aber definitiv ein brauchbares Werkzeug.
🔍 Weitere nennenswerte Erwähnungen
Neben den bereits genannten WHMCS-Alternativen gibt es noch einige andere Systeme und Projekte, die in der Hosting- und Abrechnungslandschaft immer wieder auftauchen – entweder als vielversprechende Open-Source-Projekte oder als interessante Eigenentwicklungen. Hier ein paar davon, die einen Blick wert sind:
🟦 FOSSBilling (Open Source – international, für Selbstbastler)
FOSSBilling ist ein weiteres Open-Source-Projekt, das inzwischen schon einige Jahre auf dem Buckel hat und sich vor allem an Entwickler richtet, die ihre Hosting-Billing-Lösung selbst zusammenstellen möchten. Es ist sehr international ausgerichtet und bietet eine solide Basis für jeden, der sich die Freiheit der Eigenentwicklung wünscht. Der Nachteil: Die Benutzeroberfläche ist noch nicht besonders ausgereift, und man muss bereit sein, einiges selbst zu konfigurieren und anzupassen.
Fazit: Für Entwickler, die „basteln“ wollen, ist es definitiv eine Überlegung wert.
🟩 Paymenter (Open Source – international, jung und spannend)
Paymenter ist noch ein recht junges Open-Source-Projekt, aber es hat sich bereits einiges an Aufmerksamkeit in der Community erarbeitet. Besonders interessant ist, dass es eine sehr modulare Architektur bietet, die sich für Anpassungen und Erweiterungen eignet. Zudem gibt es eine aktive Community, die kontinuierlich an der Weiterentwicklung arbeitet. Ich werde es definitiv weiter im Auge behalten, da es in der Zukunft durchaus eine Alternative für kleinere Hosting-Provider darstellen könnte.
Fazit: Ein spannendes Projekt mit Potenzial, aber noch in der Entwicklungsphase.
🟧 BoxBilling (Open Source – netter Anfang, aber nicht weitergeführt)
BoxBilling ist eine Open-Source-Lösung, die zu Beginn einen vielversprechenden Eindruck gemacht hat. Sie war einfach zu bedienen, und die Grundfunktionen für Hosting-Abrechnung und Verwaltung waren gut umgesetzt. Doch leider wurde die Entwicklung irgendwann eingestellt, und es gibt keine aktiven Updates mehr. Wer die Software heute noch verwendet, muss sich auf eigene Anpassungen und eventuelle Sicherheitslücken gefasst machen.
Fazit: Der Anfang war gut, aber es ist inzwischen keine praktikable Lösung mehr für den professionellen Einsatz.
🟩 BBilling (Eigene Entwicklung – nicht am Markt verfügbar)
BBilling ist unsere eigene Lösung – entwickelt aus der Not heraus, weil es keine wirklich praktikable, auf die deutschen Anforderungen angepasste Lösung auf dem Markt gab. Die Software wird derzeit nicht öffentlich angeboten, da sie speziell auf unsere internen Anforderungen ausgerichtet ist. Sie basiert auf den Technologien, mit denen wir täglich arbeiten, und ist in der Lage, Rechnungen, SEPA-Lastschriften und Hosting-Management zusammen mit einer Vertrags & Prepaidverwaltung zu Integrieren. Wir setzen hier vorallem auf die Integration von Schnittstellen wie FreeScout und Lexware Office damit wir nicht das Rad komplett neu erfinden müssen. Daher wird es diese Lösung auch niemals für die Breite masse geben. Tip: Dieser Blog ist aus dem CMS System von BBilling erstellt.
Fazit: Eine maßgeschneiderte Lösung, aber nicht für den Markt verfügbar.
🟨 SourceWAY (Frühere Aktivität – Entwicklung eingestellt)
SourceDESK von SourceWAY war einst ein sehr aktiver Anbieter im Bereich Hosting-Billing und hatte eine solide, gut durchdachte Softwarelösung. Leider wurde das Projekt aufgrund eines Unfalls des Geschäftsführers nicht weitergeführt. Die Software ist heute nicht mehr verfügbar und das Unternehmen hat die Entwicklung eingestellt. Eine traurige Wendung für ein vielversprechendes Projekt.
Fazit: War mal eine interessante Alternative, aber mittlerweile nicht mehr relevant.
🌐 Ergänzende Tools und Systeme
Neben den Billing-Systemen gibt es einige weitere Open-Source-Lösungen, die eine gute Ergänzung für jeden Hosting-Provider oder Agentur darstellen können:
- Freescout: Ein Open-Source-Ticketsystem mit einer klaren Fokussierung auf einfache Bedienbarkeit. Es bietet bezahlte Addons mit lebenslangen Updates, was es für kleine und mittlere Teams attraktiv macht.
Freescout auf GitHub - Invoice Ninja: Eine beliebte Open-Source-Lösung für Rechnungsstellung, die sich hervorragend für Freelancer und kleine Unternehmen eignet. Mit modularer Erweiterbarkeit und einer breiten Palette an Integrationen.
Invoice Ninja auf GitHub - KimaAI: Ein Open-Source-Tool zur Zeiterfassung, das einfach in die eigenen Projekte integriert werden kann und dabei hilft, den Überblick über die Arbeitszeiten zu behalten. Besonders für Agenturen und Entwicklerteams ein nützliches Tool.
KimaAI auf GitHub